Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2001 hat der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht München ein Anerkenntnisurteil erlassen, wonach der Kläger „nicht dazu verpflichtet ist, den Fragebogen zu Beziehungen zur Scientology-Organisation auszufüllen, zu unterzeichnen und an die Beklagte zurückzugeben.
Arbeitsgericht München zum Scientology-Fragebogen
Bereits zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres urteilte das Arbeitsgericht München gegen die Verwendung von Scientology-Fragebögen im Öffentlichen Dienst. Nun erging ein Anerkenntnisurteil. Überraschend lenkte die Staatsregierung ein: Der 1996 in Becksteins Innenministerium entwickelte Fragebogen zu einer Scientology-Mitgliedschaft verletzt die Privatsphäre und hat keinerlei Rechtsgrundlage. Er wurde deshalb zurückgezogen.
Bei der ersten inzwischen rechtskräftigen Arbeitsgerichtsentscheidung ( Az.: 21 Ca 13754/99 ) im Oktober ging es um einen seit 1990 bei der Landeshauptstadt München beschäftigten Angestellten. Obwohl es keinerlei Beanstandungen gab, sollte der Betroffene anhand des Fragebogens detailliert über seine Scientology-Mitgliedschaft Auskunft geben. Er weigerte sich und klagte erfolgreich vor dem Arbeitsgericht. Michael Ziegler, Sprecher des bayerischen Innenministeriums, verkannte damals noch die Rechtslage. Er kommentierte nämlich das Urteil als „nicht mehr als eine Einzelfallentscheidung“ und rechtfertigte den weiteren Einsatz von Becksteins diskriminierendem Fragebogen.
Auch einem zweiten seit 1992 bei einer Einrichtung des Freistaats Bayern angestellten Betroffenen wurde der Fragebogen von seinem Arbeitgeber vorgelegt. Obwohl es keinerlei Beanstandungen gab, wurde auch in diesem Fall der Angestellte vom Verfassungsschutz beim Arbeitgeber grundlos als Scientology-Mitglied angeschwärzt, um ihn mittels Fragebogen weiter auszuspähen. Der Betroffene verweigerte die geforderten Auskünfte zu seinem religiösen Bekenntnis und klagte beim Arbeitsgericht München gegen den Freistaat Bayern wegen Verletzung seiner Privatsphäre. In der jetzt vorliegenden Entscheidung ( Az.: 23 Ca 1178/00 ) bestätigte das Arbeitsgericht die Rechtswidrigkeit des Fragebogens und erteilte der damit verbundenen Schnüffelpraxis eine eindeutige Abfuhr. Mit Zustimmung des Rechtsvertreters der Bezirksfinanzdirektion erging ein Anerkenntnisurteil, wonach der Kläger „nicht dazu verpflichtet ist, den `Fragebogen zu Beziehungen zur Scientology-Organisation` … auszufüllen, zu unterzeichnen und an die Beklagte zurückzugeben.“
Scientology-Sprecher begrüßt das Urteil
Der Sprecher der Scientology Kirche Deutschland e.V. (Sitz München) begrüßte das Urteil: „Wir freuen uns, dass bei den Verantwortlichen in der Staatsregierung die Vernunft wieder Oberhand gewonnen haben. Der Fragebogen war eine weitere Altlast aus Zeiten hysterischer Propaganda gegen Scientology-Mitglieder. Wir hoffen, dass auch weitere Streitigkeiten bald beigelegt werden können“.