Bundesarbeitsgericht: Kein Arbeitsentgelt für Ex-Scientologen (Az.: 5 AZB 19/01)

Das Bundesarbeitsgericht (5. Senat) stellte in seinem Beschluß (Az.: 5 AZB 19/01) am 26.09.2002 eindeutig fest, daß bei einem hauptamtlich tätigen Mitglied in Scientology kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Denn: Das aktiv tätige Mitglied kommt in der Scientology Kirche aufgrund vereinsrechtlicher Beziehungen einer vereinsrechtlichen Verpflichtung nach. Im Umkehrschluß sogar ein Indiz, dass die Scientology Kirche keine wirtschaftlichen Zwecke, sondern tatsächlich ideelle Ziele verfolgt.

Tätigkeit in einer Scientology-Kirche ist kein Arbeitsverhältnis

Hintergrund war der Fall eines ehemaligen hauptamtlich tätigen Mitglieds in Berlin, der seiner Kirche den Rücken kehrte und auf das große Geld hoffte. In seiner Klage forderte der ehemaliger Scientologe von seiner früheren Kirche Arbeitsentgelt in Höhe von 525.470,00 DM und Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,00 DM. Ein Arbeitsverhältnis in der Scientology-Kirche Berlin wurde jetzt vom Bundesarbeitsgericht mit folgender Begründung verneint (Auszug):

  • Nach den getroffenen Vereinbarungen stand der Kläger in einer vereinsrecht­lichen Beziehung zum Beklagten und nicht in einem Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitsver­trag wurde weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen.
  • Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Kläger seine Arbeitszeit im wesentlichen frei gestalten. Er war nicht an einseitig vom Beklagten vor­ gegebene Arbeitszeiten gebunden. Die Termine für das Auditing wurden nicht vom Beklagten bestimmt, sondern vom Kläger selbst festgelegt. Die Stundenpläne wurden zwischen den Parteien jeweils vereinbart. Der Kläger konnte hiervon abweichen und praktizierte dies auch so. Der Beklagte hat in der Beschwerde unwidersprochen näher dargelegt, daß der Kläger erschien, wann es ihm beliebte.
  • Untypisch für einen Arbeitnehmer konnte der Kläger Einfluß auf die Leitung, Organisation und Entscheidungen des Vereins nehmen. Als hauptamtliches Mitglied hatte er volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung (§15 Ziff. 4 der Satzung).
  • Für seine Tätigkeit bei dem Beklagten erhielt der Kläger zwar keine nennens­werte Vergütung, sondern nur ein monatliches Taschengeld in Höhe von etwa 150,00 bis 200,00 DM, dessen Auszahlung nicht regelmäßig erfolgte. Diese Geldleistung des Beklagten stellte jedoch keine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen dar, son­dern war nach § 11 Nr. 5 der Satzung eine Zuwendung, mit der offenbar auch beson­dere Aufwendungen der hauptamtlich tätigen Mitglieder abgegolten werden sollten. 
  • Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Kläger anderweitig in einem Arbeitsverhält­nis. Der Kläger verfolgte mit seiner Tätigkeit beim Beklagten keine Erwerbsabsichten, sondern ideelle Ziele und strebte die eigene geistige Vervollkommnung im Sinne der Lehren von Scientology an. Während seiner Mitgliedschaft in dem beklagten Verein teilte der Kläger die spirituellen Vorstellungen von Scientology vom Erreichen bestimmter Erlösungsstufen und wurde zur eigenen geistigen Vervollkommnung und Weiterga­be der „Lehre“ tätig. Er verfolgte in erheblichem Umfang eigene Ziele, indem er ver­suchte, auf der „Brücke“ voranzukommen und die Erlösungsstufen „Clear“ und „Opera­ting Thetan“ zu erreichen.

Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 6. Nov. 1997

Das BAG verweist ebenfalls auf das Bundesverwaltungsgerichtsurteil (Az. BVerwG 1 C 18.95) vom 6. Nov. 1997 zum Thema Scientology Vereine und ihre Tätigkeit, deren Rechtsprechung nunmehr mit dem BAG auf einer Linie liegt.

Dort heißt es nämlich, „dass ein Verein keinen Wirtschaftsbetrieb unterhält, soweit er seinen Mitgliedern Leistungen anbietet, in denen sich die Vereinsmitgliedschaft verwirklicht und die unabhängig von den mitgliedschaftlichen Beziehungen nicht von anderen Anbietern erbracht werden können. Dann liegt nämlich keine unternehmerische Tätigkeit vor. Dies ist beim Kläger der Fall, wenn das nach seiner Satzung als „geistliche Beratung“ zu verstehende sog. Auditing und die Seminare und Kurse „zur Erlangung einer höheren Daseinsstufe“ von gemeinsamen Überzeugungen der Mitglieder getragen sind, von denen sie nicht gelöst werden können, ohne ihren Wert für den Empfänger zu verlieren.“