Gesinnungsschnüffelei im Haus der Kunst

Wann ist endlich Schluss mit Diskriminierung und Hexenjagd?

Die Scientology Kirche erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bayerische Kultusministerium und gewisse Politiker wegen vorsätzlicher Missachtung grundlegender Menschenrechtsstandards gekoppelt mit einer verachtenswerten religiösen Gesinnungsschnüffelei, die nicht den Maßstäben einer freiheitlichen Demokratie entsprechen.

Diverse politische Äußerungen gegenüber den Medien um das Münchner „Haus der Kunst“ und die Frage, ob ein Mitarbeiter des Hauses Mitglied von Scientology sei, fordern eine Stellungnahme der Scientology Kirche heraus. Die politischen und staatlichen Akteure beurteilen offenbar nicht mehr die konkreten Leistungen und das Verhalten eines jahrzehntelangen, verdienten Mitarbeiters des Haus der Kunst sondern glauben sich allein aufgrund des Verdachts seiner Scientology-Mitgliedschaft dazu berechtigt, ihn öffentlich zu stigmatisieren und seiner beruflichen Existenz zu berauben. Der Staat ist nach dem Grundgesetz und Menschenrechtspakten dazu verpflichtet, der religiös-weltanschaulichen Diskriminierung seiner Bürger entgegenzuwirken. Erst recht darf der Staat nicht selbst diskriminieren, insbesondere, wenn er als Arbeitgeber die Verantwortung hat. Doch statt sich schützend vor betroffene Mitarbeiter zu stellen, beteiligen sich Staat und Politik nun an einer medienwirksamen Hexenjagd und Gesinnungsschnüffelei und sprechen ohne Prüfung des Einzelfalls auch gleich das Urteil: Weg mit ihm! Das in dieser Sache gezeigte Verhalten des Ministeriums unter Einschaltung des Verfassungsschutzes ebenso wie die Äußerungen gewisser Politiker sprechen den Menschenrechten Hohn.

Menschen, die vermeintliche, vermutete oder erklärte Mitglieder von Scientology sind, sein könnten, als solche wahrgenommen werden oder auch nur irgendeine Verbindung zu Scientology haben könnten, werden unter Generalverdacht gestellt, für „vogelfrei“ erklärt und ihrer Grund- und Menschenrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auf Religions- und Berufsfreiheit beraubt. Das ist der eigentliche Skandal.

Selbst der ins Feld geführte bayerische Sektenfilter vom 1. November 1996, der für den Staatsdienst entwickelt worden war, sieht nach seinem Wortlaut eine Einzelfallprüfung vor und erlaubt den Ausschluss aus dem Dienstverhältnis nur bei Verletzung von Dienstpflichten. Für andere Einrichtungen des öffentlichen Rechts und für Empfänger staatlicher institutioneller Fördergelder „im weltanschaulichen Bereich“ wird der Einsatz des „Sektenfilters“ nur „empfohlen“ und nicht „gefordert“. Es ist also unwahr, wenn behauptet wird, für das Haus der Kunst wäre der Einsatz des bayerischen Sektenfilters verpflichtend. Verschwiegen wird bislang, dass der sogenannte Stoiber-Erlass vom November 1996 es gerade nicht erlaubt, Scientologen ohne Ansehen der Person pauschal und zwingend zu kündigen und dass es stattdessen auf rechtstreues Verhalten ankommt.

Das Münchner Arbeitsgericht hatte dennoch diese bayerische Praxis in Klagen zweier erklärter Scientology-Mitglieder bereits vor Jahren in zwei Urteilen sowohl gegen die Stadt München als auch gegen den Freistaat Bayern als widerrechtliche Befragung seines Privatlebens für rechtswidrig erklärt (Urteil vom 24.10.2000 Az. 21 Ca 13754/99 und 05.04.2001 Az. 23 Ca 1178/00). Offenbar setzen sich das Land und gewisse Politiker über Recht und Gesetz hinweg und treten es mit Füßen.

Strategisch flankiert wird die obige Praxis durch Einschaltung der bayerischen VS-Behörde und angekurbelt mit aus dem Blauen heraus erfundenen Gerüchten einer angeblichen „Unterwanderung“. Katholiken, Lutheraner, Baptisten, Buddhisten, Hinduisten, Zeugen Jehovas, Muslime, Mormonen oder Scientologen, usw. die beim Staat, einem Unternehmen oder sonst wo arbeiten und ihren Beruf ausüben, haben den Staat oder das Unternehmen nicht „unterwandert“ sondern verwirklichen ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts. Das wissen die VS-Behörden auch bezüglich Scientology seit 20 Jahren, wie ihr Hamburger VS-Präsident bereits im Februar 2013 öffentlich bestätigte.

Der absurde Unterwanderungsvorwurf geht direkt an die VS-Behörden zurück, da sie zu Zeiten öffentlicher Hysterie erwiesenermaßen die Unterwanderung der Scientology Gemeinden in Deutschland mit subtilen Mitteln vorantreiben wollten und auch haben, eine Praxis, die mehrere Gerichte als rechtswidrig untersagten (so das Berliner Verwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 13. Dez. 2001 – VG 27 A 260.98 – für das Land Berlin und das Oberverwaltungsgericht Saarland mit Urteil vom 27. April 2005 – 2 R 14/03 – für das Saarland. Sie stellten die Berechtigung der Beobachtung aufgrund der fehlenden „politisch bestimmten Verhaltensweisen“ überhaupt in Frage. Wen wundert es, dass der Bundes-VS die Beobachtung von Scientology bereits 2013 einstellen wollte aber nicht durfte.

Wo bleibt vor diesem Hintergrund die Vernunft und die Rechtsstaatlichkeit? Im Hinblick auf die von vielen angesprochene Geschichte des Haus der Kunst macht das geschilderte Verhalten der Politik besonders bedenklich. Sie sei an die Menschenrechte und den Internationalen Pakt für Bürgerliche und Politische Rechte (IPBPR) erinnert – auch in Deutschland als verbindliches Gesetz verabschiedet. In seinem Kommentar Nr. 22 zu diesem Pakt hat der UN-Hochkommissar für Menschenrechte in Bezug auf den darin gewährten Schutz der Religionsfreiheit (Art. 18) es für alle Nationen der Welt für verbindlich erklärt:

Der Schutz der Religionsfreiheit verbietet bedingungslos jede Form des Zwangs zur Offenlegung oder der Einschränkung des Habens einer religiös-weltanschaulichen Überzeugung.

Für jene, die es nicht wissen: Wie viele andere Gerichte zuvor hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2005 (Az. 7 C 20/04) Scientology als religiöse Lehre anerkannt und verbunden damit den Anspruch von erklärten Scientologen auf Schutz der Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Grundgesetz bestätigt, ebenso wie der Europ. Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 05. Apr. 2007 (Church of Scientology Moscow v. Russia – Az. 18147/02) im Sinne der Europ. Menschenrechtskonvention. Es ist hohe Zeit, dass der bayerische Staat und seine Politiker dieses Recht für alle Menschen des Landes verwirklichen und die Menschen – das schließt auch Scientologen ein – nicht nach ihrer Überzeugung sondern nach ihrem Verhalten beurteilen, wie es auch das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen festgelegt hat.

Die Scientology Kirche setzt sich aufgrund ihres verbindlichen Glaubensbekenntnisses aus religiöser Überzeugung weltweit seit Jahrzehnten für die Aufklärung über und Stärkung der Menschenrechte ein.

Für den Inhalt:

Uta Eilzer

Scientology Kirche Bayern e. V.

Für weitere Informationen: Tel. 089/27817733

 

ANLAGE:

Auszug aus dem Kommentar Nr. 22 vom 30. Juli 1993 zum Schutz der Religionsfreiheit per Art. 18 des IPBPR vom 19. Dez. 1966:

„1. Das Recht auf Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion (welches die Freiheit auf religiöse Überzeugungen mit einschließt) gemäß Artikel 18 ist weitreichend und grundlegend … Der grundlegende Charakter dieser Freiheiten spiegelt sich auch in der Tatsache wieder, dass diese Bestimmungen nicht einmal in Zeiten des öffentlichen Notstands eingeschränkt werden können. ..

3. [Art. 18 des Paktes] erlaubt keinerlei wie auch immer geartete Beschränkung der Freiheit des Denkens und Gewissens oder der Freiheit, eine Religion oder einen Glauben seiner Wahl zu haben oder anzunehmen.Diese Freiheiten genießen bedingungslosen Schutz … In Übereinstimmung mit Artikel 18 (2) … kann niemand dazu gezwungen werden, seine Gedanken oder seine Anhängerschaft zu einer Religion oder einem Glauben zu offenbaren.

5. … Artikel 18 (2) verbietet Zwangsmaßnahmen, die das Recht, eine Religion oder einen Glauben zu haben, beeinträchtigen würden. … Richtlinien oder Praktiken, die die gleiche Absicht oder Wirkung haben, wie z. B. solche, die den Zugang zu Ausbildungseinrichtungen, medizinischer Versorgung, Anstellung oder den durch Artikel 25 garantierten Rechten [dem Recht auf Teilnahme an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten, dem Zugang zu öffentlichen Ämtern und dem Recht auf Wahlteilnahme] und anderen Bestimmungen der Übereinkunft einschränken, sind ebenso mit Artikel 18 (2) *) unvereinbar. Anhänger von Glaubensrichtungen nicht-religiöser Natur genießen denselben Schutz.“

8. … Die Freiheit von Zwangsmaßnahmen, eine Religion oder einen Glauben zu haben oder anzunehmen … kann nicht eingeschränkt werden…“

*) Art. 18 (2) IPBPR hat den folgenden Inhalt: „(2) Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde.“