Scientology Kirche Berlin

Faktencheck: Ist Scientology ein Unternehmen?

 

Eine Gegenüberstellung von Behauptungen und Tatsachen zur „Unterwanderung der Wirtschaft“ durch Scientology und Scientologen.

1. Behauptung: Die Scientology Kirche stelle keine Religionsgemeinschaft dar, sondern ein gewerbliches Unternehmen

Über Jahre wurde die Scientology Kirche in Deutschland als „Wirtschaftsunternehmen“ bzw. „Gewerbe“ etikettiert. Die rechtlichen Auseinandersetzungen zu diesen Unterstellungen mussten zwangsweise durch alle Instanzen geführt werden.

Am 6. November 1997 verkündete das Bundesverwaltungsgericht in Berlin ein Urteil, dass den jahrzehntelangen Rechtsstreit zwischen Behörden und der Scientology Kirche einer endgültigen Klärung zuführt.

In ihrem Urteil geben die höchsten deutschen Verwaltungsrichter die rechtlichen Prämissen dafür vor, dass die Vermittlung der Lehre der Scientology Kirche und die Seelsorge gegenüber ihren Mitgliedern keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kam im Urteil vom 12. Dezember 2003 und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 2. November 2005 zum selbigen Ergebnis.

In Deutschland gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die besagen, dass die Scientology Gemeinden und ihre Mitglieder den Schutz aus Artikel 4 GG – Religionsfreiheit – beanspruchen können.

In diesen Entscheidungen haben die Gerichte entweder den Vereinen der Scientology Kirche oder ihren Mitgliedern in den unterschiedlichsten rechtlichen Zusammenhängen den Schutz aus Artikel 4 GG gewährt.

Zahlreiche Religionswissenschaftler sowie weltweite Entscheidungen von Gerichten, Regierungen und Behörden haben den religiösen Charakter von Scientology bestätigt.

2. Behauptung: „Scientologen am Arbeitsplatz sollten nicht geduldet werden, weil sie potentielle Werbeträger für Scientology sind; sie unterwandern somit die Firmen“

Das ist eine Forderung von fanatischen Scientology Gegnern, die hinter jedem Scientologen eine potentielle Gefahr sehen. Ein Ausschluss von Scientologen, alleine auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Scientology Kirche, würde einen Verstoß gegen Antidiskriminierungsrichtlinien der EU und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland darstellen.

So ist z. B. der Publikation Religion und Weltanschauung in der Beschäftigung – das EU-Recht verfasst von Lucy Vickers, Mitglied des Europäischen Netzwerks von Rechtsexperten im Bereich der Nichtdiskriminierung (aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft, Alter, Behinderung, Religion oder Weltanschauung und sexueller Orientierung) folgende Feststellung zu entnehmen:

[…] Beispielsweise wird Scientology als Religion anerkannt wenn man die Definitionen von Italien und Australien verwendet, jedoch wird sie weder von den Arbeitsgerichten in Deutschland, noch im Vereinigten Königreich hinsichtlich der Gesetze über den Status als Wohlfahrtsorganisation anerkannt. Eine solche Inkonsistenz in der Interpretation zwischen den Mitgliedstaaten ist nicht vereinbar mit dem Schutz gemäß der Richtlinie, eine gemeinsame Position sollte erarbeitet werden. Tatsächlich hat der EuGH [Europäische Gerichtshof] im Zusammenhang mit anderen Diskriminierungsgründen die Notwendigkeit einer „autonomen und einheitlichen Auslegung“ der Richtlinie in der gesamten Gemeinschaft erkannt. Möglicherweise lassen sich die Gerichte der Mitgliedstaaten von der Auslegung des EGMR [Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte] leiten, der seinen Schutz auf Scientology erweitert hat. Weitere von der Rechtsprechung des EGMR geschützte Religionen sind der Druidismus, das Divine-Light-Zentrum sowie die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein. Alternativ kann es sein, dass Scientology als eine Weltanschauung und nicht als Religion definiert wird. Der Schutz gemäß der Richtlinie ist identisch.

Zur unmittelbaren Diskriminierung gehört eine weniger günstige Behandlung aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung. Zu den auf Tatsachen beruhenden Beispielen gehören Fälle, in denen Arbeitgeber es grundsätzlich ablehnen, religiöse Mitarbeiter zu beschäftigen, oder sich weigern, Personen einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit einzustellen. Etwa wenn ein Arbeitgeber zwar Personal christlichen Glaubens beschäftigt, es jedoch ablehnt, ein Mitglied von Scientology zu beschäftigen.

Die Publikation wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen des Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen (2001-2006) in Auftrag gegeben.

3. Behauptung: „Scientologen verbreiten am Arbeitsplatz die Technologie von L. Ron Hubbard und Scientology und versuchen damit neue Scientology Mitglieder anzuwerben“

Es gibt diesbezüglich klare Äußerungen von L. Ron Hubbard, dass man Scientology nicht mit anderen Tätigkeiten vermischen soll. Jedes Unternehmen oder jede Firma hat einen Verhaltenskodex oder Vorschriften, an denen sich selbstverständlich auch die Scientologen halten. Außerdem müsste in bestimmten Fällen konkretisiert werden, in welcher Art die unerlaubte Anwendung der Scientology Lehre (Technologie) oder die Missionierung von neuen Scientology Mitgliedern stattgefunden hat. Eine Meinungsäußerung oder Stellungnahme zu Scientology stellt nicht gleich ein Missionierungsversuch dar.

Die von der Hamburger Arbeitsgruppe Scientology (AGS) diesbezüglich erstellte und propagierte „Schutzerklärung“ gegen Scientology Techniken/Methoden (Technologieerklärung), wurde vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht als ein Eingriff in die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit der Klägerin, einer Scientologin, angesehen und dessen Weitergabe an Unternehmen untersagt. Siehe Punkt 5.

4. Behauptung: „Scientology unterwandert die deutsche Wirtschaft durch die Tarnorganisation WISE“

WISE ist die Abkürzung für World Institute of Scientology Enterprises (Weltverband der Unternehmen von Scientologen). WISE als eine Tarnorganisation der Scientology mit dem Ziel der Weltherrschaft darzustellen ist eigentlich ein lächerlicher Versuch angesichts der Tatsache, daß Tarnorganisationen ihre Verbindungen zu verschleiern suchen, während schon in dem Namen WISE das Wort Scientology deutlich erscheint.

Während seiner Aktivitäten im Aufbau und der Leitung von Scientology Kirchen hat L. Ron Hubbard auch grundlegende Prinzipien in den Bereichen Organisation und Verwaltung erarbeitet.

Im Jahre 1979 wurde das World Institute for Scientology Enterprises (WISE) gegründet, um dieses Wissen, das ausschließlich nichtreligiöse Texte beinhaltet, auch im säkularen Bereich zur Verfügung zu stellen. Gründer waren Geschäftsleute und Führungskräfte, die festgestellt hatten, daß die Anwendung der von L. Ron Hubbard erarbeiteten Prinzipien sich auf ihre eigenen Aktivitäten positiv auswirkt.

WISE ist eine eigenständige Körperschaft, die Geschäftsleute und Unternehmen (Scientologen und Nicht-Scientologen) lizenziert, die Verwaltungs-Technologie in Anwendung zu bringen. Es hat sich gezeigt, daß die Umsetzung dieser administrativen Prinzipien Vernunft, Stabilität, Erfolg und Expansion für jede Art von zielgerichteter ethischer Gruppenaktivität bewirkt und somit einen Beitrag zur Beseitigung von verminderter Produktivität, Arbeitslosigkeit, Inflation, Rezession, Staatsverschuldung und ökonomischem Chaos leistet.

Mitglieder von WISE sind in mehr als 30 Ländern und in jeder Gesellschaftsschicht zu finden. Scientology unterwandert die Gesellschaft ebenso wenig wie der Arbeitskreis evangelischer Unternehmer oder der Bund katholischer Unternehmer e. V. in der Bundesrepublik. Siehe Auflistung:

Christen in der Wirtschaft

Bund Katholischer Unternehmer

Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer

Kongress christlicher Führungskräfte

pro Christliches Medienmagazin

5. Behauptung: „Scientologen unterwandern mit ihren Firmen die deutsche Wirtschaft. Sie verbreiten durch ihre Firmen die Technologie von Scientology und L. Ron Hubbard.“ Man müsse sich durch eine „Technologieerklärung“ dagegen schützen

Scientologen nutzen ihre Firmen oder Unternehmen nicht dazu die Lehren von Scientology und L. Ron Hubbard zu verbreiten. Das ist ein vorgeschobener Grund der den alleinigen Zweck verfolgt von Scientologen geführte Firmen und Unternehmen zu stigmatisieren um eine wirtschaftliche Ausgrenzung zu erreichen. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Juni 2004 (Az 1 Bf 198/00) der Stadt Hamburg untersagt, den von der Arbeitsgruppe Scientology entworfenen und früher von ihr propagierten „Sektenfilter“ weiterhin in Beratungsgesprächen mit Unternehmen zum Nachteil des betroffenen Klägers, einem Mitglied der Scientology Kirche, einzusetzen bzw zu verbreiten.

Das Gericht stellte fest:

Eine Infiltration und Einflussnahme auf das Unternehmen sei nicht zu befürchten gewesen. Die Sorge um den Ruf eines Unternehmens rechfertige es nicht, dass der Staat gezielt dazu beitrage, Scientologen wirtschaftlich zu benachteiligen und von Geschäftsbeziehungen auszuschließen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung muss die Stadt Hamburg ein Ordnungsgeld von 1022 Euro zahlen. Nach Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts stellte die Verbreitung durch die Arbeitsgruppe Scientology (AGS) zum Nachteil des betroffenen überzeugten Mitglieds der Scientology Kirche einen Eingriff in dessen Grundrecht aus Artikel 4 Grundgesetz (Religionsfreiheit) und in das staatliche Neutralitätsgebot dar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 (BVerwG 7 C 20.4) die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen.

6. Behauptung: Scientologen als Firmeninhaber würden durch ihre Einnahmen die Scientology Kirche finanzieren

Diesen Vorwurf könnte man genauso an die evangelische oder katholische Kirche richten, zudem auch noch hier der Einzug der Kirchensteuer über den Arbeitgeber stattfindet.

So berichtet z. B. pro Christliches Medienmagazin am 09.08.2011 über den christlichen Unternehmer Friedhelm Loh: „Zu seinem Glauben hat sich der Unternehmer mehrfach öffentlich bekannt. […] So spendet der Unternehmer etwa zehn Prozent seines Einkommens. Auch die Belegschaft spende mindestens einmal im Jahr insgesamt zwischen 100 000 und 300 000 Euro. Gelebte Werte verbinden Inhaberschaft, Führung und Belegschaft“, macht Loh deutlich. In den letzten fünf Jahren seien so über 1,5 Millionen Euro an soziale Einrichtungen geflossen.“

Das Erzbistum Hamburg klärt in seinem Internetauftritt sogar über die Steuerliche Abzugsfähigkeit von Unternehmensspenden an die Kirche auf.

Eine andere Art von Spenden,  die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Unternehmen stehen, hat sich der Kirchenkreis Hattigen-Witten im Ruhrgebiet ausgedacht. Eine Bonuskarte sichert gläubigen Einkaufslustigen bundesweit satte Rabatte. Die Besitzer der „KirchenCard“ verpflichten sich im Gegenzug dazu, monatlich mindestens 5,50 Euro an die Evangelische Kirche zu spenden.

Mehr Kirchen-Spenden durch Bonuskarte – pro-medienmagazin.de

7. Behauptung: „Scientology unterwandert den Immobilienhandel“

In Deutschland sind nur zwei Immobilien im Besitz der Scientology Kirche; eine in München und eine in Hamburg; bei den anderen Kirchen und Missionen handelt es sich um angemietete Räumlichkeiten.

Die Scientology Kirche ist in keiner Form im Immobilienhandel tätig.

Mitglieder der Scientology Kirche sind in allen Berufszweigen tätig, einige auch im Immobilienhandel, wobei aber deren Religionszugehörigkeit keinerlei Relevanz besitzt. Man spricht ja auch nicht von Katholiken, die im Immobilienhandel tätig sind.